Fachkritiken

Ambrosia–Quartett eröffnet das Festival

Festival der Hausmusik in der Stecknitz – Region
Es war ein faszinierendes Ereignis. Im Rahmen des „Festivals der Hausmusik“ in der Stecknitz-Region spielte das Ambrosia-Quartett am letzten Freitag im reizvollen Ambiente der gut gefüllten Maria-Magdalenen-Kirche Werke der Renaissance und des Barock.
Im Mittelpunkt des anspruchsvollen Konzertes standen die ausdrucksvollen und bilderreichen Arien „Flammende Rose, Zierde der Erde“ und „Das zitternde Glänzen der spielenden Wellen“ aus den „Neun deutschen Arien“ und zwei Arien aus den italienischen Opern „Deidamia“(1741) und „Serse“ (1738) von Georg Friedrich Händel (1685-1759). Am Anfang war das Stück „Wer die Musik in Ehren hält“ von Johann Krieger geboten worden.
Unter den Duetten Händels gibt es viele wertvolle Stücke, auch solche leidenschaftlich-erregten kunstgerechten Aufbaus und stillen Schmerzes, die in seinem Schaffen einen eigenen Platz einnehmen und für den heutigen Hörer von ganz besonderem Reiz sind.
In diesem Zusammenhang hervorzuheben sind die „Neun deutschen Arien“, die Händel Mitte der zwanziger Jahre auf Texte des bedeutenden Hamburger Dichters Barthold Heinrich Brockes komponierte. Es sind weniger Lieder als Arien, gesetzt für Sopran, Basso continuo und ein konzertierendes Instrument; vor allem gedacht ist wohl an Violine, Flöte und Oboe, die, dem Charakter des jeweiligen Stückes entsprechend, abwechselnd eingesetzt werden können. Am bekanntesten sind die vierte Arie: „Süße Stille, sanfte Quelle“ (F-Dur), die sechste: „Meine Seele hört im Sehen“ (B-Dur) und die neunte: „Flammende Rose, Zierde der Erde“ (A-Dur).
Einer Erläuterung bedürfen diese Stücke nicht; ihr reicher Gefühlsausdruck, erwachsen einer naiven, bildhaften Auseinandersetzung mit der Schönheit der Natur, nimmt jeden Hörer unmittelbar gefangen.
Im Gegensatz zum italienischen Oratorium hat Händel am Formenkanon der ernsten Oper nicht gerüttelt. Die Grundelemente des musikalischen Dramas, nämlich Rezitativ und Arie, sind von der frühesten, von R.Keiser beeinflussten Oper „Almira“ (1705 Hamburg) über die beiden in Italien komponierten Dramen „Rodrigo“ (1707 Florenz) und „Agrippina“ (1709 Venedig) und die erste Londoner Oper „Rinaldo“ (1711) bis hin zu „Imeneo“ und „Deidamia“ aus den frühen 1740er Jahren die gleiche geblieben.
In „Serse“ (HWV 40), einer seiner letzten Opern, bricht Händel überkommene ständig wiederkehrende Formen der ernsten Oper auf, indem er weitgehend auf wiederholende Arien verzichtet, Rezitativ und Arie vermischt und ständig zwischen Tragik und Komik schwankt.
Kostbarkeiten waren auch die beiden geistlichen Werke „Gaudeamus omnes“ von Tarquino Merula (um 1590-1665) und „Domine, Dominus noster (Psalm 8)“ von Andre Campra (1660-1744). Ergänzt wurde die Vokalmusik durch das Adagio und Allegro aus der Sonate D-Dur für Cello und Cembalo, BWV 1028, von Johann Sebastian Bach (1685-1750).
Susanne Dieudonné begeisterte mit ihrem hellen und klaren Sopran, der auch extreme Höhen strahlend und mit ausdrucksvoller Körpersprache meisterte. Olaf Kindt, Violine, Annette Kahleyss, Cello, und Sabine Melchior, Cembalo, boten die feierlichen Werke virtuos und brillant und überzeugten auch als gut einstudiertes Ensemble, das die Vokalistin aber nie erdrückte.
Zwischen den musikalischen Darbietungen erzählte Susanne Dieudonné, die in Ratzeburg lebt, hausmusikalische Anekdoten und plauderte über die Geschichte der Hausmusik: Von der ausgehenden Renaissance, als die Musik Einzug in Adels- und Patrizierhäuser sowie bei wohlhabenden Kaufmannsfamilien hielt bis hin zum „Festival der Hausmusik“ in der Stecknitz-Region.
„Wird das Festival von Einheimischen und Gästen gut angenommen, werden weitere Veranstaltungen folgen“, hatte Bürgermeister Hans-Joachim Speth in seinen einführenden Worten versprochen. Von volksmusikalischen Darbietungen bis zum klassischen Konzert ist dabei alles denkbar.
Alle Akteure wurden schließlich mit lang anhaltendem Beifall bedacht, für den sie sich mit dem Stück „In den angenehmen Büschen“ aus den „Neun deutschen Arien“ von Händel bedankten.
Lutz Gallinat
Freier Journalist und Musikwissenschaftler


La Flute de Pan

Es war ein zauberhaftes Ereignis. Das „Festival der Hausmusik in der Stecknitz-Region“ fand am letzten Sonntag nach einführenden Worten des Krummesser Bürgermeisters Michaelis, der auch im Namen des Kulturvereins „Dorfschaft“ sprach, im gut gefüllten Krummesser Dörpshuus mit „La Flute de Pan“, einem panischen Abenteuer voller Traum und Entrücktheit für jugendliche Erwachsene nach dem Textbuch von M. Mario Goldmann, seinen Abschluss.
Es wurden sieben abenteuerliche Begebenheiten aus dem Leben des Pan dargestellt, voll Mythos und Musik, voll Lust und Liebe, voll Verführung und Verlangen.
Es ging um den Gott der Lust, um Pan und seine ungezügelten Abenteuer mit Nymphen und vielen anderen Damen aus dem griechischen Götterhimmel. Und es ging um Anna, Pans verlassene Tochter, die für uns Menschen steht, und wissen wollte, wie Pan, ihr Vater, wirklich war.
Man konnte das Erröten der Göttin des Mondes erleben, denn auch ihr stellte Pan nach. Man konnte auch die Worte Homers erleben, denn in seinen feierlichen Gedichten hat er auch Pan bedacht.
Und man hörte den einzigartigen Klang der Flöte, auf der Pan schönere Weisen als irgendein Vogel sang. Die Zuhörerinnen und Zuhörer blickten in das Angesicht des großen Verführers. Ging es um Pan, den Gott der Lust? Und wo blieb die Liebe? Nun, auch Venus wird befragt....
Pan, Zeichen der Wildheit und der Triebe, der uns innehalten lässt und uns den Sinn für das Wesentliche offenbart? Was sind die unsterblichen Werte? In Pans Wirken zeigt sich die tiefe Weisheit des Lebens. Und in seinem Tun findet man die Beantwortung unserer Fragen. Anna versteht schließlich, dass Pan ebenso wie Venus und Eros Teile ihrer selbst sind.
Sigrun Witt entführte bei dieser Abendveranstaltung die Zuhörerinnen und Zuhörer mit dem herrlichen Klang der Silberflöte in die prickelnden Szenen von „La Flute de Pan“. Sie vermittelte hervorragend u.a. den künstlerischen Zauber des Stückes „Syrinx pour Flute seule“ von Claude Debussy (1862-1918) , eines der bekanntesten Werke für Soloflöte, das zum festen Bestand der Flötisten gehört, und das strahlende Flötensolo aus „L`apres midi d` un faune“ in der Bearbeitung für Flöte und Klavier. Das farbige, schweifende Flötensolo verschleiert jede eindeutige Klangfähigkeit.
Sigrun Witt erwarb ihren Doktortitel in Musikwissenschaften und ist Dozentin an der Musikhochschule Detmold.
Peter Nauk bot am Klavier u.a. spritzige Bewegungsmotive aus „Presludes Buch 1“ (1910) und kunstvolle, fein ausgedachte und neuartige Klavierklänge aus „Preludes Buch 2“ (1910) von Debussy. Er stellte außerdem „Claire de Lune“ aus der „Suite bergamasque“ (1890, rev. 1905) vor, eines der bekanntesten und der beliebtesten Stücken des französischen Komponisten, geschwungene, weiche Linien und wellenförmige Verläufe aus den „Deux Arabesques“ (1891) und einen Ausschnitt aus „Nouvelles Pieces Froides“ von Erik Satie (1866-1925). Er war fünfzehn Jahre als Dozent für Klavierbegleitung an der Musikhochschule Lübeck tätig. Als freier Konzertpianist war er- z.B. mit den Hamburger Symphonikern- im In- und Ausland zu Gast.
M. Mario Goldmann, Mitglied des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg, las vielfach abgestuft und einfühlsam und mit hervorragender Mimik und Gestik und viel Feuer und Schwung. Er arbeitet als Autor und Komponist.
Es entstand so ein vollendetes Gesamtkunstwerk mit einem Einklang von Wort, Musik und Einfallsreichtum. Die Sopranistin Susanne Dieudonné aus Ratzeburg, die im Juli 2008 die künstlerische Leitung für das „Festival der Hausmusik“ übernommen hatte, hatte zu Beginn ein zweites Festival im nächsten Jahr angekündigt. Sie hatte darauf hingewiesen, dass das 1.“Festival der Hausmusik“ einen Bogen von renaissance-geprägten Klängen über Barock und Romantik bis zur zeitgenössischen Musik spannte. Es fand auf Anregung des TouristService Stecknitz-Region statt und wurde vom Handels- und Gewerbeverein Krummesse und Umgebung e.V. durch großzügige Geldgeber unterstützt.
Die Künstler wurden schließlich mit sehr viel Beifall bedacht.
Lutz Gallinat
Freier Journalist und Musikwissenschaftler


Gelungene Premiere im Rathaus

Lutz Gallinat, freier Journalist und Musikwissenschaftler urteilt über das Konzert des Ambrosia-Quartetts im Juli 2008:
Es war ein faszinierendes Ereignis. Im Rahmen des „KulturSommers am Kanal„ spielte das Ambrosia-Quartett beim Eröffnungskonzert der Ratzeburger Rathaus-Matinee 2008 am letzten Sonntag im reizvollen Ambiente des gut besetzten Ratssaals Werke von Händel, Merula und Campra.
Die Mußestunde zwischen Gottesdienst und Mittagessen wurde durch feierliche und weihevolle Barockmusik ausgefüllt. Im Mittelpunkt des anspruchsvollen Konzertes standen die expressiven und bilderreichen Arien „Flammende Rose, Zierde der Erde„ und „Das zitternde Glänzen der spielenden Wellen„ aus den „Neun deutschen Arien„ und zwei Arien aus den italienischen Opern „Deidamia„(1741) und „Serse„ (1738) von Georg Friedrich Händel (1685-1759).

In Zusammenhang mit den Kammer-Kantaten der Zeit vor 1710 sind die „Neun deutschen Arien„ (HWV 202-210) auf Texte des Hamburger Ratsherrn Barthold Heinrich Brockes zu sehen, die Händel um 1724 für eine Singstimme, ein Melodieinstrument und Generalbass geschrieben hat. Einem Zeitgenossen zufolge hat „der Welt-berühmte Virtuose, Herr Hendel, dieselben auf eine ganz besondere Ahrt in die Music gesetztet„ , was wohl heißen soll, dass der Komponist die poetischen Texte nicht in der Art der in Deutschland beliebten Generalbass-Ode vertonte, sondern in der der weniger bekannten italienischen Solo-Kantate. Werner Braun hat nachweisen können, dass zwischen den deutschen und italienischen Arien Händels thematische, satztechnische und ausdrucksmäßige Analogien bestehen, die bis zur Übereinstimmung ganzer Sätze reichen. Ob die „Neun deutschen Arien„ freilich eine Auftragsarbeit für den Hamburger Ratsherrn waren oder nur als ein „Denkmal der Freundschaft„ anzusehen sind, lässt sich nicht mehr entscheiden.
Im Gegensatz zum italienischen Oratorium hat Händel am Formenkanon der Seria-Oper nicht gerüttelt. Die Grundelemente des Dramma per musica, nämlich Rezitativ und Arie, sind von der frühesten, von R.Keiser beeinflussten Oper „Almira„ (1705 Hamburg) über die beiden in Italien komponierten Dramen „Rodrigo„ (1707 Florenz) und „Agrippina„ (1709 Venedig) und die erste Londoner Oper „Rinaldo„ (1711) bis hin zu „Imeneo„ und „Deidamia„ aus den frühen 1740er Jahren die gleiche geblieben.

In „Serse„ (HWV 40), einer seiner letzten Opern, bricht Händel überkommene stereotype Formen der Opera seria auf, indem er weitgehend auf Da-Capo-Arien verzichtet, Rezitativ und Arie vermischt und ständig zwischen Tragik und Komik schwankt.
Kostbarkeiten waren auch die beiden geistlichen Werke „Gaudeamus omnes„ von Tarquino Merula (um 1590-1665) und „Domine, Dominus noster (Psalm 8)„ von Andre Campra (1660-1744). Ergänzt wurde die Vokalmusik durch das Adagio und Allegro aus der Sonate D-Dur für Cello und Cembalo, BWV 1028, von Johann Sebastian Bach (1685-1750).
Das Adagio hat Einleitungscharakter; es lässt über einem gemächlich schreitenden Achtel-Bass zwei Melodielinien miteinander dialogisieren: In freier Imitation antwortet das Cembalo jeweils dem um einen Takt vorausgehenden Cello.
Susanne Dieudonne begeisterte mit ihrem hellen und klaren Sopran, der auch extreme Höhen strahlend und mit ausdrucksvoller Körpersprache meisterte. Olaf Kindt, Violine, Annette Kahleyss, Cello, und Sabine Melchior, Cembalo, boten die zeremoniellen Werke virtuos und brillant und überzeugten auch als gut einstudiertes Ensemble, das die Vokalistin aber nie erdrückte.
Alle Akteure wurden schließlich mit lang anhaltendem Applaus bedacht, für den sie sich mit dem Stück „In den angenehmen Büschen„ von Händel bedankten.
Die Veranstaltungsreihe, die von Frank Steinbach vom Divadonna-Verlag in Ratzeburg initiiert wurde, wird am nächsten Sonntag um 11.30 Uhr unter dem Motto „Der Sonntag ist gekommen...„ mit dem Soloprogramm der Sängerin Susanne Dieudonne fortgesetzt, die einen musikalischen Aperitif mit Liedern von Zeller, Baumgartner, Brahms und anderen Komponisten serviert, begleitet von Timo Schmidt am Klavier.
Lutz Gallinat
Freier Journalist und Musikwissenschaftler


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